Ferrari Roma – Als Ferrari Ende 2019 das neue Frontmotor-Coupé namens Roma präsentierte, war das Staunen der Fachwelt gross. Niemand rechnete damit, dass die Marke mit dem Cavallino Rampante noch ein weiteres zweitüriges Coupé präsentiert, in Zeiten, in denen Sportcoupés immer weniger Anklang finden, und auch beim edlen Ferrari-Klientel SUV-Modelle hoch im Kurs stehen. Die zweite Überraschung war die völlig neue Designlinie, welche optische Anklänge an Aston-Martin-Modellen nimmt, und eine neue Design-Ära in Maranello einläuten soll, denn der Mythos Ferrari muss auch in Zeiten von E-Autos und Umweltdiskussionen am Leben gehalten werden.
Gerüchten zufolge soll die neue Designlinie auch das geplante Ferrari-SUV mit dem Arbeitstitel „Purosangue“ zieren, welches dem Urus des Erzrivalen Lamborghini Konkurrenz machen soll. Die SUV-Welle macht also auch vor Ferrari nicht halt. Doch es muss nicht immer SUV sein, denn die exklusive Kundschaft möchte auch etwas sportliches im Alltag nutzen, ohne gleich eine Etage höher zu sitzen. Ausserdem besitzt ein zweitüriges Coupé immer noch wesentlich mehr Prestige als ein aufgemotzter Hochsitz, welcher die Sportlichkeit meist nur suggeriert. Doch auch der Ferrari Roma möchte eher ein Gran Turismo und ein Reisecoupé sein, als ein Bolide für die Rennstrecke.
Ferrari Roma – weiches und modernes Design.
Für einen Supersportler besitzt der neue Ferrari Roma ein sehr weiches, fast schon feminines Design, welches an der rundlichen Front beginnt, und sich über die Flanke erstreckt, die von einem markanten Hüftschwung geprägt ist. Diese Linienführung ist untypisch für einen Ferrari, steht dem Roma aber unserer Meinung nach sehr gut zu Gesicht. So eine sinnliche und verführerische Formensprache sieht man selten im Segment der Supersportwagen, in dem heutzutage fast jeder Hersteller nur noch eine möglichst böse und aggressiv wirkende Formensprache verwendet, um den Konkurrenten zu signalisieren, dass sie besser Platz machen sollen, denn sie verlieren auf der Strasse sowieso.
Der Ferrari Roma hat ein solches Gebaren gar nicht nötig, da er von der sinnlichen Faszination seiner Linienführung lebt, welche auch am Heck, angeführt von den vier eckigen Rückleuchten, die im typischen Ferrari-Stil gehalten wurden, zum Vorschein kommt. Die grosse Heckscheibe und die spoilerfreie Rückansicht fügen sich optimal in die elegante Linienführung dieses viersitzigen Gran Turismo ein, mit dem Ferrari möglicherweise ganz neue Kundenkreise erobern kann. Ausserdem fügt sich dieses Fahrzeug sehr harmonisch in den Strassenverkehr ein, und vermeidet jegliche Art von Effekthascherei gekonnt und stilsicher. Einzig die vier Auspuffrohre am Heck, welche in konventioneller Ausführung angebracht sind, stellen die PS des Supersportlers ein wenig öffentlich zur Schau.
Auch bei Ferrari haben moderne Zeiten Einzug gehalten.
Beim ersten Blick ins Cockpit fällt sofort auf, dass sich auch die Sportwagenschmiede aus Maranello nicht länger dem Trend zu grossen Displays im Cockpit verwehren kann. Mit seinem grossen 8,4 Zoll-Touchscreen-Display in der Mittelkonsole, dem ersten in der Geschichte Ferraris, und dem sportlichen Digitalcockpit, welches die Grösse eines Heimkinos mitbringt, halten auch bei Ferrari moderne Zeiten Einzug. Ansonsten ist der Innenraum ganz ferraritypisch komplett auf den Fahrer ausgerichtet, es gibt keine Lenkstockhebel, und alle Bedienelemente wie Blinker und Scheibenwischer sind direkt am Lenkrad zu finden.
Für die Fondpassagiere steht nicht sehr viel Platz zur Verfügung, da die beiden Fondsitze eigentlich nur als Kindersitze oder Gepäckablage dienen. Sie lassen sich jedoch umklappen, wodurch ein relativ alltagstaugliches Kofferraumvolumen von 345 Litern entsteht. Ohne Umklappen ergibt sich immerhin ein Kofferraumvolumen von 272 Litern. Das reicht im Normalfall auch für das Gepäck für ein Wochenende zu Zweit aus. Natürlich gibt es auch feinste Materialien wie Leder und Carbon in Hülle und Fülle, denn wenn man schon Ferrari fährt, dann möchte man nicht nur sportlich unterwegs sein, sondern auch im Luxus schwelgen.
Antrieb des Ferrari Roma – aus diversen Ferrari-Modellen bekannt.
Der 4,66m lange und 1,97m breite Roma wird nicht, wie zuvor spekuliert, von einem V6-Hybrid angetrieben, sondern ganz klassisch von einem nicht elektrifizierten V8-Turbobenziner mit 3,9 Litern Hubraum und 620 PS. Das maximale Drehmoment des Turbos beträgt atemberaubende 760 Newtonmeter, und die Kraftübertragung erfolgt über die klassische F1-Schaltung mit Schaltpaddels am Lenkrad.
Für Komfortverliebte gibt es natürlich auch einen Automatikmodus, aber der dürfte nur bei den wenigsten Ferrari-Fans zum Einsatz kommen. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 320 km/h, und von 0 auf 100 sprintet der schöne Italiener in sehr guten, aber nicht weltbewegenden 3,4 Sekunden. 200 km/h sind dann nach gerade einmal 9,3 Sekunden erreicht, womit sich dieses luxuriöse Coupé nahtlos in die Liga der Supersportler einreiht. Das liegt auch an seinem Leistungsgewicht, das mit lediglich 2,5 kg/PS auf absolut höchstem Niveau liegt. Somit kann man nicht nur gediegen cruisen, sondern bei Bedarf auf der Autobahn auch mal ganz schön die Sau rauslassen, um zu zeigen, dass man den Ferrari nicht nur als Showcar nutzen möchte.
Understatement auf die ganz besondere italienische Art.
Doch für die grosse Show ist die elegante Diva aus Maranello gar nicht geschaffen, denn dieser Ferrari verkörpert pures Understatement, wie kein zweiter Supersportler dieser Art. Er ist das Gegenteil der kreischenden, aufreizenden Ferraris der frühen 2000er-Jahre, welche mit ihrem infernalischen Sound und den betörenden, aber aggressiveren Formen, sofort jedem Verkehrsteilnehmer klar gemacht haben, wer da im Rückspiegel auftaucht. Dies ist beim neuen Roma nicht der Fall, da er sich perfekt in den Verkehr einfügt, und eigentlich die Fortsetzung der neuen Philosophie der Italiener verkörpert, Sportlichkeit mit Eleganz und Understatement zu paaren. Bereits der Ferrari California T und der Portofino haben diese ganz besondere Mischung auf ihre Art und Weise interpretiert, und der Roma ist nun der neueste Beweis dafür.
Der Preis ist für einen Ferrari gar nicht mal so astronomisch.
Bei etwas über 200.000 Euro soll es losgehen, womit er im Revier des Aston Martin V8 Vantage und des McLaren 540C wildern würde. Doch anders als der äusserst extrovertierte McLaren, der eher ein junges, zeigefreudiges Publikum anspricht, das gerne seinen Reichtum zur Schau stellt, haben es wohl die Kunden des Ferrari Roma gar nicht nötig, ihren Wohlstand ungezügelt zu präsentieren.
Auch ältere Herrenfahrer, welche die besonderen italienischen Momente im Leben geniessen möchten sowie Familien, die noch ein weiteres Auto haben, sind mit dem neuen Ferrari Roma immer passend angezogen, und es bleibt abzuwarten, ob sich der neue Einsteiger-Ferrari so gut verkauft, wie es von der Fachwelt vorhergesagt wurde, oder ob sich das betuchte Klientel doch eher für Automobile entscheidet, welche optisch schriller daherkommen. Zu wünschen wäre der Erfolg diesem Automobil auf jeden Fall.